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1. Einleitung

Fahrerlose Transportsysteme kommen in Bereichen, in denen es auf die Beförderung oder Ein- bzw. Auslagerung von Stückgütern ankommt, als probates Mittel zum Einsatz. Sie erfüllen in vielen Bereichen der Industrie die hohen logistischen Ansprüche an Transportsysteme.

Im Aufbau von Fahrerlosen Transportsystemen ist seit Jahren ein Trend zur Flexibilisierung von entsprechenden Systemen erkennbar. Die Nachfrage nach flexiblen Systemen, die leitlinienfrei fahren oder deren Leitlinie zumindest ohne größeren baulichen Aufwand geändert werden kann, belief sich im Jahr 2003 auf 70% der Neuanlagen. Von den 165 Neuanlagen wurden 5% im Outdoor- Bereich realisiert [Sch04]. Ein großer Anteil dieser Neuanlagen wird mit Laserscannern als Positioniersystem betrieben. Ein weiterer Trend, der erkennbar wird, ist der Aufbau von Anlagen mit einer geringen Anzahl von Fahrzeugen. Rund 70% der Neuanlagen werden für weniger als fünf Fahrzeuge ausgelegt [Ost05].

Damit zeigen die neuen Entwicklungen im Bereich der Fahrerlosen Transportsysteme, dass zum einen eine Verschiebung der Technik und damit der Kosten auf das Fahrzeug stattfindet, womit die Flexibilität erhöht wird, zum anderen, dass Betreiber immer mehr bereit sind, kleinere Anlagen in Betrieb zu nehmen. Diese Entwicklung und die Verwendung von Laserscannersystemen zur Positionierung verlangt, dass eine Datenhaltung im Fahrzeug durchgeführt wird. Die Daten der Strecke werden dadurch redundant abgelegt und müssen bei Änderungen der Streckenführung abgeglichen werden.

Im Allgemeinen ist eine redundante Datenhaltung nur sinnvoll, wenn damit die Sicherung bzw. die ständige Verfügbarkeit der Informationen sichergestellt wird. In anderen Fällen wird durch den notwendigen Abgleich nur die Fehleranfälligkeit des Systems erhöht und die Möglichkeit von Änderungen erschwert. Dieser Nachteil hochflexibler Systeme wird auch deutlich, wenn man sich andere erfolgreiche Ansätze zur Steuerung von Fahrerlosen Transportsystemen ansieht. Als besonders zuverlässig gelten Systeme mit einer optischen oder induktiven Positionierung. Diese beziehen nur die Informationen vom Fahrweg, die zu dem jeweiligen Zeitpunkt notwendig sind. Die Positionierungsdaten enthält in diesen Fällen der Fahrweg. Eine Definition von Fahrerlosen Flurförderfahrzeugen und Fahrerlosen Flurfördersystemen ist in [Gro04] dargestellt.

Zur Erfüllung der oben beschriebenen Anforderungen der Betreiber von FTS- Anlagen und zur Verbesserung der Datenstrukturen in diesen Systemen können Transponder dienen. Sie können als Datenträger auf dem Fahrweg Verwendung finden und zum einen als Positionsmarken fungieren, zum anderen als Datenspeicher zentral Informationen aufnehmen, die sonst in jedem Fahrzeug hinterlegt werden müssen. Dadurch wird eine zentrale Datenspeicherung auf dem Fahrweg für Teil- oder nahezu alle Informationen des Systems möglich. Die einzelnen Informationsspeicher enthalten dabei nur die für den entsprechenden Ort notwendigen Informationen, wodurch eine dezentrale Datenstruktur entsteht. Ein weiterer angestrebter Vorteil zu Erhöhung der Flexibilität von Fahrerlosen Transportsystemen ist eine einfache Anbringung der Positionsmarken, die im besten Fall ohne eine Beschädigung des Fahrweges auskommt und leicht wieder entfernt werden kann. Da Bohrungen und Senkungen, die nachträglich wieder verschlossen werden müssen, durch Wärmedehnung und Frost maßgeblich zur Rissbildung im Outdoor- Bereich des Fahrweges beitragen.

Durch die schnelle Weiterentwicklung von Transpondern in den letzten Jahren erfüllen Folientransponder im Frequenzbereich von 13,56 MHz diese Anforderungen. Um einen besseren Vergleich der unterschiedlichen eingesetzten Systeme zu ermöglichen, sollen diese im folgendem kurz vorgestellt werden.

2. Stand der Technik

Die Steuerung von Fahrerlosen Transportsystemen, ihre Grundfunktionalitäten sowie der Umgang mit diesen werden in den VDI-Richtlinien dargestellt, [VDI92], [VDI94], [VDI04]. Für den Aufbau Fahrerloser Transportsysteme werden verschiedene Ansätze verfolgt, die je nach System unterschiedlichen baulichen Aufwand am Fahrzeug oder am Fahrweg verlangen. Grundsätzlich lassen sich fünf verbreitete Methoden zur Fahrzeugsteuerung klassifizieren:

Steuerung durch optische Verfahren

Steuerung durch induktive Verfahren

Steuerung durch Magnetmarken

Steuerung durch GPS

Steuerung durch Transponder

Diese Verfahren und deren Vor- und Nachteile sollen hier kurz erläutert werden:

2.1. Steuerung durch optische Verfahren

Optische Verfahren erreichen durch eine permanente Kurskorrektur eine hohe Fahrgenauigkeit. Dem gegenüber steht als Nachteil eine Anfälligkeit gegen Verschmutzungen der optischen Komponenten und damit eine begrenzte Nutzung im Outdoor- Bereich. Eine Beschreibung der Systeme ist in [Gro04] dargestellt.

2.2. Steuerung durch induktive Verfahren

Diese Methode der Führung fahrerloser Transportfahrzeuge ist durch die permanente Kurskorrektur besonders zuverlässig und fahrzeugseitig durch die Verwendung einfacher Komponenten kostengünstig.

Es besteht die Möglichkeit die Energieversorgung der Fahrzeuge fahrbahnseitig zu realisieren, wodurch die Verwendung schwerer Akkumulatoren entfällt. Andererseits sind Systeme mit Leitdrahtsteuerung (bezüglich Änderungen des Fahrweges) nicht flexibel und sie sind fahrbahnseitig im Aufbau sehr teuer.

Eine Beschreibung induktiver Systeme ist in [Gro04], dargestellt.

2.3. Steuerung durch Magnetmarken

Abbildung 1: Prinzip der Magnetsteuerung

Eine andere Möglichkeit der Fahrzeugsteuerung ist die Abtastung von Magnetstreifen oder Magnetmarken auf der Fahrbahn. Dabei wird die Änderung des Magnetfeldes der im Fahrzeug montierten, Strom durchflossenen Spulen detektiert, Abbildung 1.

2.4. Steuerung durch GPS

Durch das Militär der USA wurde im Jahre 1993 ein weltweit verfügbares Satellitennavigationssystem GPS (Global Positioning System) aufgebaut, dessen Signale allerdings verschlüsselt waren und eine Genauigkeit im zivilen Bereich von 100m zuließen. Für die zivile Nutzung steht seit Mai 2000 auch das Signal mit nicht künstlich verschlechterten Positionsdaten zur Verfügung. Für Anwendungen im Bereich der Fahrzeugführung ist die erzielbare Genauigkeit von ca. 20 m jedoch auch weiterhin nicht ausreichend.

Mit Hilfe eines ortsfesten zweiten GPS-Empfängers, der als Referenzstation dient, ist aber eine Genauigkeitssteigerung auf bis zu unter 5 m möglich. Die benachbarten GPS-Empfänger korrigieren dabei die empfangenen GPS-Positionsdaten durch das Referenzsignal (DGPS). Eine Bestimmung der Phase des Trägersignals der einzelnen Satelliten erlaubt die Steigerung der Genauigkeit bis auf unter 100 mm. Dieses Verfahren wird als Precision DGPS (PDGPS) bezeichnet. Als Nachteil dieses erweiterten GPS ist der hohe Preis anzuführen und der durch eine Abschattung nicht mögliche Einsatz in Gebäuden oder im eng bebauten Raum außerhalb von Gebäuden [Fau05], [Man04], [Wil05].

2.5. Steuerung durch Transponder

Die Verwendung von Transpondern zur Steuerung von fahrerlosen Transportfahrzeugen ist im Verhältnis zu den genannten anderen Verfahren relativ neu.

Abbildung 2: Prinzip der Transpondersteuerung

Für die Funktion einer Fahrzeugführung ist außer dem Dateninhalt des Transponders auch die Lage des selben von Bedeutung. Analog zu den induktiven Systemen wird dazu das vom Transponder beeinflusste elektromagnetische Feld der Sendeantenne, bzw. bei aktiven Transpondern das abgestrahlte Signal, verarbeitet. Ein Antennenarray detektiert den Einfluss des Feldes in jeder der zugehörigen Spulen und gibt diese Daten an eine Interpolationseinheit weiter. Aus der Lage des Maximums dieses Signals kann auf die Position des Transponders quer zur Fahrtrichtung des Fahrzeuges geschlossen werden. Zur Bestimmung des Fahrweges wird dann über eine Karte, die in der Recheneinheit vorliegt, der nächste Wegpunkt angefahren.

Im Einsatz befindliche Systeme arbeiten üblicherweise im 125-kHz-Band und verwenden die Seriennummer des Transponders als Identifikationsmerkmal. Anwendung finden diese Systeme häufig im Outdoor-Bereich z.B. in Hafenanlagen zu Steuerung von Portalkränen.

3. Transponder gesteuertes Fahrerloses Transportsystem mit dezentraler Datenstruktur

Neue Möglichkeiten in der Fahrzeugsteuerung entstehen durch den Aufbau dezentraler Datenstrukturen. Der Fahrweg dient dabei als zentraler Informationsspeicher. Ähnlich wie bei optischen Systemen oder bei der Führung durch Leitdraht, ist der Einsatz eines Fahrzeuges auch ohne Kenntnis der Fahrstrecke möglich. Die notwendigen Informationen können in den Datenspeichern im Fahrweg abgelegt werden. Ein häufig verwendetes zweites und unabhängiges System zur Bestimmung der Position entlang des Fahrweges kann entfallen. Des -weiteren ist es möglich Informationen z.B. über den Ort von Lagerplätzen, erlaubte Geschwindigkeiten auf der Strecke, Steigungen, max. zulässiges Gewicht für einen Streckenabschnitt oder auch Vorfahrtsregeln in den Transpondern abzulegen. Durch die Beschreibbarkeit der Transponder sind auch Informationen wie „Lagerplatz belegt mit Ware x“ oder „Strecke belegt“ (Zeitschlitzverfahren) im Fahrweg speicherbar. Dieser Vorteil macht ein solches System extrem flexibel.

Als Grenze für die Menge der speicherbaren Daten ist für fahrerlose Transportfahrzeuge die Überfahrgeschwindigkeit anzusehen. Je schneller das Fahrzeug den Transponder überfährt, desto geringer ist die Zeit für die Datenübertragung zwischen Transponder und Lesegerät. Zur Anpassung dieses Sachverhaltes an die Bedürfnisse der Gesamtanlage kann die Größe der Leseantenne am Fahrzeug variiert oder die Kommunikationsgeschwindigkeit der Transponder erhöht werden. Eine große Steigerung der übertragbaren Datenmenge entsteht durch die Verwendung von 13,56-MHz-Transpondern, die mit einer Datenrate von 26 bis 106 kBit statt der bei 125 kHz üblichen 4 kBit übertragen. Die Möglichkeit des Beschreibens der Transponder ist für 125-kHz-Modelle kein Standard, da die Einrichtung der Kommunikation zwischen Transponder und Lesegerät, wie oben beschrieben, mehr Zeit kostet und daher meistens auf dieses Feature verzichtet wird.

Abbildung 3: Aufbau eines transpondergestützten Fahrerlosen Transportsystems

Der Aufbau der Steuerung der autonomen Fahrzeuge (Abbildung 3) für ein solches System unterscheidet sich grundsätzlich nicht von dem im 125 kHz Bereich, jedoch steigen die Anforderungen an die Komponenten zur Positionsauswertung und Datenverarbeitung.

Abbildung 4: Aufbau der Kommunikation mit einer dezentralen Datenstruktur auf dem Fahrweg

Durch die höhere Übertragungsgeschwindigkeit des Systems auf 13,56 MHz Basis sinkt der zeitliche Abstand der Datenbits erheblich und das Signal kann nach entsprechender Filterung und Verstärkung genutzt werden. Des Weiteren muss eine Fehlerkorrektur im verwendeten Protokoll vorgesehen werden, da ein mehrfaches Lesen der Informationen die Datenmenge bzw. die Fahrgeschwindigkeit erheblich reduziert.

Für den Aufbau eines Fahrerlosen Fahrzeuges ohne hinterlegte Karteninformation müssen diese Daten im Fahrweg vorhanden sein. Dazu muss jeder Transponder die Koordinaten seiner Position sowie die des Folgenden oder der Folgenden besitzen. Auf diese Art wird die Möglichkeit der Interpolation des Fahrweges geschaffen. Eine Kontrolle der eigenen Position findet dann durch die Bestimmung der Lage des Transponders und die gespeicherte Information der eigenen Position des überfahrenen Transponders statt.

Aufgrund der Möglichkeit der Speicherung einer großen Menge von Daten in einem Transponder, können für die Implementierung einer Funktion zur Verwendung von Abzweigungen die nachfolgenden Transponderpositionen beider Strecken gespeichert werden und bei gleichzeitiger Speicherung der Streckenbezeichnung zu jeder Transponderposition eine automatische Spurverfolgung je nach geplanter Fahrstrecke realisiert werden. Die Schwierigkeiten der Umsetzung eines solchen Systems liegen dabei auf Seiten der angestrebten Kommunikation des Fahrzeuges mit den Transpondern auf dem Fahrweg.

4. Aufbau und Prinzip von Transpondern

Transponder dienen als orts- oder objektbezogene Datenträger. Sie ermöglichen eine schnelle berührungslose Identifikation und können Daten ohne Medienumbrüche in DV-Systeme übergeben. Sie finden überwiegend Anwendung in der Warenlogistik als Kennzeichnungssystem (Objektdatenträger) oder in Sicherheitssystemen. Neuere Transponderlesegeräte ermöglichen die Erfassung von bis zu 50 Labels gleichzeitig (Pulkerkennung). Mit diesem Verfahren soll eine automatisierte Erfassung von Waren beim Lagereingang und -ausgang direkt auf den Paletten erfolgen. Die unterschiedlichen Materialien dieser Produkte führen jedoch zu einem hohen Forschungsbedarf und dem Einsatz unterschiedlicher Systeme in verschiedenen Frequenzbändern. Grundsätzlich sind Transponder in den Frequenzbereichen 125 kHz, 13,56 MHz, 868 MHz (EU) und 2,45 GHz lieferbar. Die älteste und am weitesten ausgereifte Technologie der 125 kHz Transponder verwendet dabei eine kapazitive oder induktive Kopplung zwischen Lesegerät und Transponder für die Datenkommunikation. Die mit steigender Frequenz zunehmende Datenübertragungsrate führte im Laufe der Zeit zu Systemen mit höheren Frequenzen. Seit den neunziger Jahren sind Systeme im 13,56 MHz Bereich verfügbar, die schon seit Jahren Serienreife besitzen. Mit Ende des Jahrzehnts wurden weitere Systeme im UHF- und Mikrowellenbereich entwickelt. Eine Funktionsübersicht der Technologien ist in [Fin02], [Ove04] dargestellt. Systeme mit 13,56 MHz arbeiten mit induktiver Kopplung.

Für die Verwendung von Transpondern als ortsbezogene Datenträger ergeben sich grundsätzlich andere Problematiken als für Objektdatenträger, da eine Variabilität der Untergrundeigenschaften nur in sehr begrenztem Rahmen gegeben ist. Jedoch spielt die mechanische Festigkeit und Witterungsbeständigkeit der Transponder eine wichtige Rolle und die Verweildauer eines Transponders im Feld einer Leseantenne ist begrenzt, so dass die Datenübertragungsrate und Reichweite des eingesetzten Systems eine zentrale Bedeutung gewinnt.

Abbildung 5: Funktionsprinzip der induktiven Kopplung

5. Transponder ― Auswahl und Eigenschaften

Für eine Darstellung der Eigenschaften von Transpondern wird eine Unterteilung in elektrische und mechanische Eigenschaften vorgenommen.

5.1. Elektrische Eigenschaften

Abbildung 5: Abhängigkeit des Leseabstandes von der Überfahrgeschwindigkeit bei einer verwendeten 30 x 30 mm Antenne, vgl. 125 kHz und 13,56 Mhz; ISO 15693.

Die Anwendung von Transpondern als Wegmarkierung für den Aufbau von Fahrerlosen Transportsystemen (FTS) erfordert eine möglichst schnelle Kommunikation zwischen Lesegerät und Transponder. Sinnvoll ist ein passiver Transponderchip der spontan und kontinuierlich seinen Dateninhalt wiederholt, sobald er sich im Feld des Lesegerätes befindet. Diese Transponder nach DIN/ISO 11784 und DIN/ISO 11785 sind aber nur im 125 kHz-Bereich verfügbar. Eine Nutzung dieser Transponder scheidet für den Aufbau eines FTS mit dezentraler Datenstruktur durch die niedrige Datenübertragungsrate bzw. die notwendige zu übertragende Datenmenge aus. Abbildung 6 zeigt die direkte Abhängigkeit der Lesereichweite passiver Transponder von der Zeit, die für die Übertragung zur Verfügung steht. Dieser Effekt entsteht durch die vor der Kommunikation notwendige Energieeinkopplung und das verwendete Protokoll sowie die Datenübertragungsrate des Transponders.

UHF-Transponder sind zum jetzigen Zeitpunkt ebenfalls für den Aufbau von autonomen Transportfahrzeugsystemen ungeeignet, da eine Kommunikation im oberen MHz-Bereich sowie im GHz-Bereich durch Reflexion des Signals leicht gestört wird. Transponder die sich außerhalb des eigentlichen Lesebereichs befinden, werden in nicht seltenen Fällen ebenfalls detektiert. Verfügbar sind passive Transponder im UHF- und Mikrowellenbereich nur für Frequenzen knapp unter 1 GHz, jedoch sind diese nicht beschreibbar. Wie bei allen Transpondern ist ein Schreibvorgang nur im Nahfeld möglich, welches für UHF-Transponder nur wenige Zentimeter beträgt.

Für eine Umsetzung eines FT-Systems mit dezentraler Datenstruktur kommen daher Transponder im Frequenzbereich von 13,56 MHz in Frage. Das Frequenzband eignet sich aufgrund des Abstands von niederfrequenten Störungen der Leistungselektronik und der hochfrequenten Kommunikationsfrequenzen auch aus Sicht der elektromagnetischen Verträglichkeit.

Die für die meisten 13,56 MHz Transponder gültigen Normen ISO 14443 und 15693 definieren ein genaues Protokoll bezüglich der Schreib- und Lesevorgänge, Tabelle 1. Es beginnt mit der Frage des Lesegeräts nach der UID (Unique Identification Number) gefolgt von der entsprechenden Antwort des Transponders. Das ist im allgemeinen auch die kürzeste Kommunikationssequenz des Sendeprotokolls. Für einen ISO-14443-Chip, in diesem Fall einem SR176 von STMicroelektronics, dauert dieser Vorgang laut Hersteller mehr als 1,4 ms, für einen ISO-15693-Chip am Beispiel des LRI512 ebenfalls von STMicroelektronics dauert der gleiche Vorgang nach Datenblatt des Herstellers ca. 15 ms. Von dieser Zeit beträgt die Wartezeit zwischen Anfrage des Lesegerätes und Antwort des Transponders mittels Lastmodulation10,22 ms.

Tabelle 1: Kenndaten der ISO-Normen 14443 und 15693 für 13,56 MHz-Transponder

Norm

ISO 14443

ISO 15693

Leseabstand

0 ... 100 mm

0 ... 1000 mm

Hilfsträger

847, 5 kHz

423,75 kHz

Codierung

A: Miller,

B: BPSK

Manchester

Datenübertragungsrate

106 kbit/s

26,5 kbit/s

Das durch die Modulation des Transponders um die Frequenz von 13,56 MHz herum entstehende Spektrum (Hilfsträger) ist Restriktionen unterworfen (Europa: EN 300330, USA: 47CFR, FCC part 15). Um Störungen anderer elektromagnetischer Sender bzw. Empfänger in angrenzenden Frequenzbereichen zu verhindern, ist die ISO 14443 mit einem Frequenzband von 13,56 MHz ± 847 KHz auf den Nahbereich mit verringerter Sendeleistung beschränkt. Die Normen bestehen jeweils aus mehreren Teilen. ISO-konform heißt nicht, dass der Transponder immer der gesamten Norm entspricht. Individuelle Abweichungen sind möglich und erschweren das Design eines universellen Lesegeräts.

Tabelle 2: Eigenschaften verschiedener Transpoderchips

Chip-Typ

Eigenschaften

Bemerkungen

EM4006

(EM Microelectronics)

kein ISO-Chip, ROM, wiederholt ständig seine 82 Byte Daten mit 26,5 kbit/s (T= 3,4 ms)

Langsame Datenübertragung

MCRF355/360
(Microchip)

kein ISO-Chip, ROM, wiederholt seinen Dateninhalt von 154 Byte mit 70 kbit/s alle 100 ms

Wiederholrate zu gering

MCRF450/460
(Microchip)

kein ISO-Chip, 1024 byte, 70 kbit/s, anticollison mit fast-mode (1 Zeitschlitz)

Langsame Datenübertragung

SL1 ICS30

(Philips)

I-Code (ähnlich ISO 15693), 64 byte, 26,5 kbit/s, anticollison mit fast-mode

Langsame Datenübertragung

SL2ICS2

(Philips)

ICode (ähnlich ISO 15693), 128 byte, 53 kbit/s anticollison mit fast-mode

Langsame Datenübertragung

MF0 ICU1

(Philips)

Mifare Ultralight (ISO 14443A), 64 byte, 106 kbit/s, anticollision mit skip-mode (1 Zeitschlitz)

Nur im FCP2-Gehäuse

erhältlich

MF1 ICS50

(Philips)

Mifare (ISO 14443A), 1024 byte, 106 kbit/s, anticollision (with skip-mode), cryptoalgorithm

Protokoll ungeeignet

SLE 44R35S

(Infineon)

Mifare (ISO 14443A), 768 byte, 106 kbit/s, anticollision (with skip-mode), cryptoalgorithm

Protokoll ungeeignet

SR176 (ST Microelectronics)

ISO 14443B, 22 byte, 106 kbit/s

Transponder nur mit Antenne lieferbar

Ein Teil der Normen befasst sich mit der Pulklesefähigkeit (Anticollision). Hierbei wird jedem Transponder ein Zeitschlitz zugeordnet. So kann das Lesegerät nacheinander mit mehreren Transpondern kommunizieren. Fast alle 13,56 MHz Chips beinhalten diese Funktion. Bei den meisten Chips kann die Zahl der Zeitschlitze auf eins gesetzt werden, jedoch sind immer Protokollschritte oder ‑schleifen zu durchlaufen, welche die Kommunikation verlangsamen. Für den Anwendungsfall der Transpondersteuerung muss diese Funktion als Nachteil betrachtet werden, da die Kommunikation mit nur einem Transponder ausreichend ist. Eine Gegenüberstellung von verschiedenen Chips zeigt Tabelle 2.

Generell ist die Auswahl an für Transponder geeigneten Chips zu der beschriebenen Anwendung eingeschränkt. Zum Teil sind diese nicht verfügbar oder die Protokolle der Chips nicht offen gelegt, wodurch eine Optimierung der Kommunikation erschwert wird. Übersichtliche Datenblätter bietet z.B. der SR176 von STMicroelectronics. Ein Transponderchip, der die entscheidenden Auswahlmerkmale: notwendige Speichergröße, Antennengröße sowie ISO-Konformität der Protokolle erfüllt, wird von keinem Hersteller angeboten. Durch die Anzahl der einsetzbaren Transponderchips bieten sich für den Aufbau eines Transponder gesteuerten Fahrerlosen Transportsystems im Anwendungsfall jedoch ausreichende Auswahlmöglichkeiten.

Parallel zur Auswahl geeigneter Chips bzw. Transponder wurde eine Alternative zu handelsüblichen Folientranspondern, die gedruckte Antennenstrukturen verwenden, untersucht. Die Entwicklung angepasster Antennenstrukturen zum Beispiel aus gewickeltem Kupferdraht ermöglicht aufgrund der Erhöhung des Leiterquerschnitts einen sinkenden elektrischen Widerstand und somit eine Erhöhung der Güte des Schwingkreises sowie eine Verbesserung der mechanischen Festigkeit der Antenne. Bei der Verwendung von Drahtantennen mit einem Durchmesser von 0,3 mm kann eine Verringerung in der Signaldämpfung zu handelsüblichen Folientranspondern von 10 dB erreicht werden, Abbildung 7. Die verbesserte Signalstärke erhöht die Kommunikationsreichweite des RFID-Systems.

Abbildung 6: Schwingkreisverhalten von Transponderantennen; Kupferdraht-Antennen [TJ] mit 0,3 mm Drahtquerschnitt

Abbildung 7: Abhängigkeit der Resonanzfrequenz von der Wasserhöhe

Bei Versuchen zur Ermittlung von Klimaeinflüssen auf die Kommunikation zwischen Transponder und Lesegerät wurden die Auswirkungen von Wasser zur Änderung der Permeabilität untersucht. Obwohl keine Auswirkungen auf die Signalstärke messbar waren, konnte eine Verschiebung der Resonanzfrequenz der Antenne beobachtet werden, Abbildung 8. Bei herkömmlichen Antennenstrukturen ist durch Verschiebung der Sendefrequenz um 2 MHz (20 mm Wasserhöhe) eine Dämpfung von 15 dBm zu erwarten. Für eine abdeckende Eisschicht lässt sich eine schwächere Verschiebung der Resonanzfrequenz messen. Entsprechende Lesegeräte für Fahrerlose Transportfahrzeuge im Outdoor-Bereich müssen diesen Effekt daher berücksichtigen und entsprechend ausgelegt werden.

5.2. Mechanische Eigenschaften

Handelsübliche, ultraflache Transponder werden auf Folien oder Papier ausgeliefert und dienen weitgehend als Barcode-Ersatz in Form von Etiketten. Die Antennenstrukturen sind dann in der Regel sehr flach aufgedruckt oder geätzt. Diese Transponder haben kein Gehäuse und sind mechanischen Beeinflussungen weitgehend schutzlos ausgeliefert. Die Antennen und vor allem die Verbindungen zwischen Chip und Antenne sind normalerweise die mechanischen Schwachstellen dieses Aufbaus. Wird ein solcher Transponder auf der Fahrbahn befestigt und von einem Fahrzeug überfahren, kann er den Scher- und Druckkräften nicht lange standhalten und es bilden sich üblicherweise Risse in der Antenne, was zu einem Totalausfall des Transponders führt. Der Chip selbst besteht aus Silizium und muss gegen Druckkräfte gesichert werden, da übliche Untergründe keine ausreichend geringe Oberflächenrauheit und ebene Form besitzen. Umwelteinflüsse wie Temperatur, Niederschlag und Korrosion müssen ebenfalls berücksichtigt werden. Im Handel erhältliche, bereits gehauste Transponder weisen zwar teilweise hohe mechanische Stabilität und Temperaturfestigkeit sowie Korrosionsbeständigkeit auf, sind aber in der Bauweise zu hoch (> 4 mm), sodass diese ein Hindernis auf einer Strecke darstellen würden. Diese Transponder können zudem ohne eine Beschädigung der Fahrstrecke nicht aufgebracht werden, da sie in der Regel durch Nieten oder Verschrauben befestigt werden.

Es existieren folgende Normen zur mechanischen Klassifikation bzw. zum Test von Transpondern, wobei die Datenblätter der Hersteller im Bereich der Folientransponder keine mechanischen Eigenschaften ausweisen:

Test für das Ablöseverhalten vom Untergrund von Transpondern

Abziehtest (SFS-EN 14173, SFS-EN ISO 10365)

Tests der mechanischen Festigkeit

Dynamischer Biegetest / Ticket (ISO/IEC 10373:1993)

Dynamischer Torsionsbeanspruchungstest / Ticket (ISO/IEC 10373:1993)

Klimatische / Thermische Tests

Temperaturwechseltest (JESD22-A104-B)

Temperatur & Feuchtigkeit (IEC 60068-2-67)

Alle diese Normen beschäftigen sich jedoch mit Anforderungen von Transpondern im Nutzungsbereich der Warenlogistik sowie der Zugangskontrollsysteme und stellen keine ausreichenden Informationen für den Einsatz im Bereich der Fahrerlosen Transportsysteme dar. Die mechanischen Eigenschaften der einzusetzenden Transponder und der entsprechenden Befestigung müssen daher in Versuchsreihen mit einem angepassten Testverfahren untersucht werden. Ein dafür notwendiger Prüfstand (Abb. 9) wurde konstruiert und bietet die Möglichkeit Druck- und Scherkräfte beim Überrollvorgang der Transponder auf unterschiedlichen Untergründen abzubilden. Dabei wird die Funktion des Transponders bei jedem Zyklus kontrolliert.

Abbildung 9: Transpondertesteinrichtung

Vorteilhaft für die Montage der Transponder ist, die Einhausung und Befestigung in einem Arbeitsschritt durchzuführen, wodurch eine Klebeverbindung zwischen Transponder und Fahrweg eine gute Möglichkeit darstellt. Hohe Festigkeiten und einen guten Kontakt zum Fahrwegmaterial zeigen Befestigungsmaterialien auf Basis von Methacrylatharzen. Entsprechende Versuche zu dieser Problematik an einer Servohydraulischen Prüfeinrichtung zeigten, dass ein entsprechend eingehauster Transponder Druckkräften von 11 kN für mehr als 140 tausend Lastwechsel standhält, Abbildung 10. Das entspricht 165 % der zu erwartenden Maximallast, welche aufgrund der maximal zulässigen Reifendrücke für Luftreifen bestimmt wurde. Für Versuche mit steigender Belastung von 5 – 11 kN konnte eine Haltbarkeit von mehr als 330-tausend Lastwechseln gemessen werden. Dabei wurde nach jeweils ca. 50-tausend Lastwechseln die Kraft um 1 kN erhöht.

Abbildung 8: Eingehauster Transponder (freigeschnitten)

Die Normalspannungsverteilung eines Reifens in Bewegungsrichtung ist bezogen auf die Kontaktfläche mit dem Untergrund symmetrisch, mit dem Maximum in der Mitte. Die durchschnittliche Spannung in der Aufstandsfläche entspricht in etwa dem Reifeninnendruck. Die maximale Spannung tritt bei heterogener Verteilung auf, die z.B. durch den Hertzschen Normalkontakt oder für Spezialfälle durch analytische Lösungen beschrieben werden, Abbildung 11. Über die Integration einer beschreibenden Sinusfunktion, die aus Vereinfachungsgründen gewählt wurde und dem Vergleich mit der homogenen Verteilung dient, wird folgender Zusammenhang ermittelt:

Man erhält somit aus dem Nenninnendruck die zu erwartende Maximalbelastung während des Abrollens. Als zusätzlicher Korrekturfaktor ist das Reifenprofil heranzuziehen. Durch die Nuten des Profils verringert sich die tatsächliche Kontaktfläche des Reifens mit der Fahrbahn im Vergleich zur Aufstandsfläche.

Dabei wird als Aufstandsfläche die von den Rändern des Reifens beim Aufsetzen eingegrenzte Fläche bezeichnet. Versuche an verschiedenen Reifenprofilen haben einen durchschnittlich ermittelten Reifenprofilfaktor von CD  = 1,38 ergeben.

Abbildung 9: Heterogene (links) und homogene Spannungsverteilung (rechts)

Die obere Gehäusefläche des Transponders muss für die Berechnung als zu berücksichtigende Aufstandsfläche des Reifens verwendet werden, da diese im Regelfall kleiner als die Aufstandsfläche eines Reifens ist. Zusammenfassend lässt sich die maximal auftretende Druckbelastung daher mit folgender Formel beschreiben:

Fmax,heterogen = AGehäuse × x CD x π/2

Tabelle 3: Übersicht der zu erwartenden Druckbelastungen auf das Transpondergehäuse

Fläche ATransponder = 0,0025 m²

Normaler Reifen

Notrad

Reifeninnendruck

3,5 bar

4,8 bar

Ohne Profil

Mit Profil

Ohne Profil

Mit Profil

Fmax, homogen

2,240 kN

3,091 kN

3,072 kN

4,239 kN

Fmax, heterogen

3,517 kN

4,853 kN

4,823 kN

6,655 kN

Unterschiede in der Druckverteilung des Reifens quer zur Fahrtrichtung werden hier vernachlässigt, da diese Effekte je nach Reifentyp und Untergrund sehr unterschiedlich sind. Zum anderen werden Luftreifen zur Verbesserung der Fahrzeugeigenschaften und Minimierung der Flächenpressungen von Untergründen auf eine gleichmäßige Druckverteilung optimiert.

6. Zusammenfassung

Der Aufbau von Transponder gesteuerten Fahrerlosen Transportsystemen ist praktisch umsetzbar, wodurch der Aufbau von dezentralen Datenstrukturen im Fahrweg möglich wird. Geeignete Materialien für den Aufbau von Gehäusen und die Aufbringung der Transponder auf den Fahrweg stehen z.B. auf Basis von Methacrylaten zur Verfügung. Der Einsatz im Indoor- und Outdoor-Bereich ist möglich, wobei der besondere Einfluss von Regen und Feuchtigkeit zu berücksichtigen ist. Der größte Stellenwert beim Aufbau eines Systems für den Produktivbetrieb ist in der Auswahl des Transponderchips je nach individuell notwendiger Datenmenge und Fahrgeschwindigkeit zu sehen.

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[Sch04]

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